GEDANKEN ZUM INTELLEKT
Und es begab sich, dass wir (drei Männer) im Bad saßen, die Haxerln im Wasser, den Kopf in der Sonne. Und frühlingshalber nichts Besseres zu tun hatten, als darüber zu diskutieren, wie hoch der Grad unseres Intellekts wäre.
Meine Essenz: Ich bin nicht intellektuell.
Denn ich habe mich später bemüht, den wahren Intellektuellen gedanklich zu zeichnen. Und es war partout keine Übereinstimmung zu finden. Weil der Hardcore-Intellektuelle nämlich so aussieht:
Der Intellektuelle im allgemeinen:
Er hat vier hervorstechende Charakter-Eigenschaften.
Erstens:
Er verabscheut den Mainstream. Was viele gut finden, lehnt er aus Überzeugung (und sogar in Unkenntnis) ab. Statt dessen kokettiert er mit dem garantiert Unbekannten - je abseitiger, desto eindrucksvoller.
Zweitens:
Er hasst kaum etwas mehr als Zustimmung. Den Satz des Mitdiskutanten Du, ich versteh' dich betrachtet er als persönliche Niederlage. Sein Ziel ist niemals der Aha-Effekt, sondern immer nur der Hä-wie-bitte-Effekt. In der Runde ist daher für ihn nur Ratlosigkeit wirklich befriedigend.
Drittens:
Er ist ein König der Fremdwörter, schüttelt immer und überall für jeden einfachen Begriff ein kompliziert (und ergo gescheit) klingendes Synonym aus dem Ärmel. Ob gesprochen oder geschrieben, eine Zusammenstellung ist selbstverständlich eine Kompilation, er doziert nie in eigener Sache, sondern stets nur pro domo, und im Ernstfall weigert er sich, irgendetwas zurückzunehmen, so lange er es genausogut revozieren kann.
Viertens:
Er spottet niemals über die anderen Menschen, die einem Massenphänomen nach dem anderen erliegen. Seine Art, mit dem allseits Primitiven umzugehen, ist kluge Ignoranz. Fußball beispielsweise, ist das nicht dieses Spiel, das immer im Fernsehen gezeigt wird? Wo das Tor und Achtung Wortwitz der Tor korrelieren? Die scheinbare Ahnungslosigkeit ist die subtilste Form der Bewertung. Sein Desinteresse ist im Gönnerstil vorgetragen. Ach ja, der Opernball! Wien, oder? Ja, ja, darüber habe ich schon einmal etwas im Feuilletonteil der FAZ gelesen.
Der Intellektuelle und das Buch:
Sein Lieblingsbuch ist zweifellos Geisterhuren & Kristalle, geschrieben vom peruanischen Bauern Ignacio Morades, dessen Dialektsprache auch auf beeindruckende Weise die chilenische Upperclass vorführt.
Der Intellektuelle und der Film:
Seine cineastische Priorität gilt den Meisterwerken Zorn der Seele vom japanischen Untergrund-Filmer Tansahiro Kasaka und Malheur, c'est mal vom französischen Avantgardisten Jean-Philippe Cressont. Bei letzterem ist sein Ärger über die österreichischen Kinos groß, weil er sich im Prozess des Eintauchens von den mitlaufenden deutschen Untertiteln gestört fühlt.
Der Intellektuelle und die Musik:
Er steht natürlich auf Salvatore Dominguez, einen mexikanischen Jazz-Gott und auf The Attending Losts, eine walisische Rockband, deren Texte so vielseitig das Establishment zur sich selbst entlarvenden Projektionsfläche werden lassen.
Er meidet natürlich große Konzerte in Hallen oder gar Stadien. Seine Musiker spielen, wenn überhaupt öffentlich, nur in völlig unbekannten Kellerlokalen vor maximal zehn Zuschauern. Weil es denen nicht um die Kohle, sondern nur um den Geist der Musik und das Begreifen der Akkorde geht.
Der Intellektuelle und das Haustier:
Er besitzt natürlich einen Kater (der Katze wird ja gerne Intellekt nachgesagt). Der hört entweder auf den Namen Theophrast, was als Naheverhältnis zum griechischen Altmeistertum verstanden werden soll. Oder aber er heißt Hoeneß, was als provokante Bürgerlichkeit (Proletariats-Signal) einen ganz klar definierten Kontrapunkt (Was, ausgerechnet du benennst dein Tier nach einem Fußball-Manager?) ergibt.
Der Intellektuelle und die Zeitung:
Er betrachtet den politischen Teil von El Pais als sehr ausgewogen, wirtschaftlich hingegen ist die gute alte Financial Times unschlagbar. Und für Insider ist der Feuilletonteil des Corriere de la sera mitunter eine Fundgrube. Deutschsprachige Zeitungen werden bestenfalls durchgeblättert, aber hin und wieder, das kann man zugeben, ist in Der Zeit oder in der Neuen Zürcher Zeitung schon etwas zu finden. Und zwar niemals ein guter Artikel, sondern immer ein wohl differenzierter Text.
Der Intellektuelle und der Glaube:
Natürlich kann er mit keiner Religion Konsens finden. Ein Gott passt so gar nicht in seine Welt (so er nicht Jazzmusiker ist). Geglaubt wird nur an sich selbst. Aber, sieh an, zumindest im Buddhismus sind interessante Konvergenzen auszumachen.
Der Intellektuelle und der Urlaub:
Er berichtet sehr gerne von seinem Tramperausflug nach Laos, in dessen Zug er in einer kleinen Bibliothek im Landesinneren sogar Werke von Ho-Ken-Seo entdeckt hat. Im kommenden Jahr soll's nach Botswana oder Ossetien gehen.
Der Intellektuelle und die Frauen:
Sex ist natürlich total überbewertet.
Meine Essenz: Ich bin nicht intellektuell.
Denn ich habe mich später bemüht, den wahren Intellektuellen gedanklich zu zeichnen. Und es war partout keine Übereinstimmung zu finden. Weil der Hardcore-Intellektuelle nämlich so aussieht:
Der Intellektuelle im allgemeinen:
Er hat vier hervorstechende Charakter-Eigenschaften.
Erstens:
Er verabscheut den Mainstream. Was viele gut finden, lehnt er aus Überzeugung (und sogar in Unkenntnis) ab. Statt dessen kokettiert er mit dem garantiert Unbekannten - je abseitiger, desto eindrucksvoller.
Zweitens:
Er hasst kaum etwas mehr als Zustimmung. Den Satz des Mitdiskutanten Du, ich versteh' dich betrachtet er als persönliche Niederlage. Sein Ziel ist niemals der Aha-Effekt, sondern immer nur der Hä-wie-bitte-Effekt. In der Runde ist daher für ihn nur Ratlosigkeit wirklich befriedigend.
Drittens:
Er ist ein König der Fremdwörter, schüttelt immer und überall für jeden einfachen Begriff ein kompliziert (und ergo gescheit) klingendes Synonym aus dem Ärmel. Ob gesprochen oder geschrieben, eine Zusammenstellung ist selbstverständlich eine Kompilation, er doziert nie in eigener Sache, sondern stets nur pro domo, und im Ernstfall weigert er sich, irgendetwas zurückzunehmen, so lange er es genausogut revozieren kann.
Viertens:
Er spottet niemals über die anderen Menschen, die einem Massenphänomen nach dem anderen erliegen. Seine Art, mit dem allseits Primitiven umzugehen, ist kluge Ignoranz. Fußball beispielsweise, ist das nicht dieses Spiel, das immer im Fernsehen gezeigt wird? Wo das Tor und Achtung Wortwitz der Tor korrelieren? Die scheinbare Ahnungslosigkeit ist die subtilste Form der Bewertung. Sein Desinteresse ist im Gönnerstil vorgetragen. Ach ja, der Opernball! Wien, oder? Ja, ja, darüber habe ich schon einmal etwas im Feuilletonteil der FAZ gelesen.
Der Intellektuelle und das Buch:
Sein Lieblingsbuch ist zweifellos Geisterhuren & Kristalle, geschrieben vom peruanischen Bauern Ignacio Morades, dessen Dialektsprache auch auf beeindruckende Weise die chilenische Upperclass vorführt.
Der Intellektuelle und der Film:
Seine cineastische Priorität gilt den Meisterwerken Zorn der Seele vom japanischen Untergrund-Filmer Tansahiro Kasaka und Malheur, c'est mal vom französischen Avantgardisten Jean-Philippe Cressont. Bei letzterem ist sein Ärger über die österreichischen Kinos groß, weil er sich im Prozess des Eintauchens von den mitlaufenden deutschen Untertiteln gestört fühlt.
Der Intellektuelle und die Musik:
Er steht natürlich auf Salvatore Dominguez, einen mexikanischen Jazz-Gott und auf The Attending Losts, eine walisische Rockband, deren Texte so vielseitig das Establishment zur sich selbst entlarvenden Projektionsfläche werden lassen.
Er meidet natürlich große Konzerte in Hallen oder gar Stadien. Seine Musiker spielen, wenn überhaupt öffentlich, nur in völlig unbekannten Kellerlokalen vor maximal zehn Zuschauern. Weil es denen nicht um die Kohle, sondern nur um den Geist der Musik und das Begreifen der Akkorde geht.
Der Intellektuelle und das Haustier:
Er besitzt natürlich einen Kater (der Katze wird ja gerne Intellekt nachgesagt). Der hört entweder auf den Namen Theophrast, was als Naheverhältnis zum griechischen Altmeistertum verstanden werden soll. Oder aber er heißt Hoeneß, was als provokante Bürgerlichkeit (Proletariats-Signal) einen ganz klar definierten Kontrapunkt (Was, ausgerechnet du benennst dein Tier nach einem Fußball-Manager?) ergibt.
Der Intellektuelle und die Zeitung:
Er betrachtet den politischen Teil von El Pais als sehr ausgewogen, wirtschaftlich hingegen ist die gute alte Financial Times unschlagbar. Und für Insider ist der Feuilletonteil des Corriere de la sera mitunter eine Fundgrube. Deutschsprachige Zeitungen werden bestenfalls durchgeblättert, aber hin und wieder, das kann man zugeben, ist in Der Zeit oder in der Neuen Zürcher Zeitung schon etwas zu finden. Und zwar niemals ein guter Artikel, sondern immer ein wohl differenzierter Text.
Der Intellektuelle und der Glaube:
Natürlich kann er mit keiner Religion Konsens finden. Ein Gott passt so gar nicht in seine Welt (so er nicht Jazzmusiker ist). Geglaubt wird nur an sich selbst. Aber, sieh an, zumindest im Buddhismus sind interessante Konvergenzen auszumachen.
Der Intellektuelle und der Urlaub:
Er berichtet sehr gerne von seinem Tramperausflug nach Laos, in dessen Zug er in einer kleinen Bibliothek im Landesinneren sogar Werke von Ho-Ken-Seo entdeckt hat. Im kommenden Jahr soll's nach Botswana oder Ossetien gehen.
Der Intellektuelle und die Frauen:
Sex ist natürlich total überbewertet.
phantast - 10. Apr, 12:06
26 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
ranunkel - 10. Apr, 16:50
welch freude
dich hier wieder zu sehen, aber sag:
gekommen um zu bleiben?
oder wirfst du uns wieder einen brocken hin um wieder in der verdammung zu verschwinden?
gekommen um zu bleiben?
oder wirfst du uns wieder einen brocken hin um wieder in der verdammung zu verschwinden?
phantast - 11. Apr, 12:10
Ich habe einen längeren Dialog mit der Zeit geführt. War ein sehr fruchtbares Gespräch. Und sie hat mir nach den vielen Querelen in der Vergangenheit versprochen, mir wieder ein paar Freiheiten zu gewähren. Dafür habe ich ihr zugesagt, sie als Wegbegleiterin mehr zu nützen. Mal sehen, ob sie Blog-Toleranz leben kann.
flyhigher - 11. Apr, 15:46
eine sehr gut gezeichnete Charakteristik, mit der du dich hier zurückmeldest, übrigens sehr zu meiner Freude!
Da bin ich nun doch froh, "nur" intelligent, und nicht intellektuell zu sein ;-)!
LG
fly
Da bin ich nun doch froh, "nur" intelligent, und nicht intellektuell zu sein ;-)!
LG
fly
Nielsson - 11. Apr, 16:34
So exakt und präzise wie das nachgezeichnet ist, muss das doch autobiographisch sein, oder?
phantast - 11. Apr, 16:59
@flyhigher: Ich freue mich, wenn du dich freust. Lass uns also weiter Freude haben. Damit wir an der Freude Freude haben.
@ Nielsson: Wäre das auch nur im Ansatz autobiograpisch, glaubst du dann allen Ernstes, ich würde auf Kommentare anderer antworten? Herr Nielsson, ich bitte Sie . . . Präzision kann mitunter auch lediglich durch Beobachtung motiviert sein.
@ Nielsson: Wäre das auch nur im Ansatz autobiograpisch, glaubst du dann allen Ernstes, ich würde auf Kommentare anderer antworten? Herr Nielsson, ich bitte Sie . . . Präzision kann mitunter auch lediglich durch Beobachtung motiviert sein.
Nielsson - 11. Apr, 21:11
War auch nur autobiographisch motiviert mein Kommentar.
;-)
;-)
waschsalon - 14. Apr, 12:04
phantastisch!
du bist wieder zurück aus der babypause. hoffe, alle sind wohlauf! freue mich über das comeback. das vorneweg.
deine beschreibung: herrlich, böse, treffend - auch in der überzeichnung. und ich möchte hinzufügen: der intellektuelle - er ist und bleibt ein antisozialer autoerotiker. oder zu deutsch: ein aufgeblasenes arschloch.
deine beschreibung: herrlich, böse, treffend - auch in der überzeichnung. und ich möchte hinzufügen: der intellektuelle - er ist und bleibt ein antisozialer autoerotiker. oder zu deutsch: ein aufgeblasenes arschloch.
phantast - 14. Apr, 12:23
Auf Dich habe ich gewartet - es geht eben nix über ein Feedback aus dem Waschsalon. Sei gegrüßt, Geschätzter. Ich werde demnächst öfter bei dir vorbeischauen, auf ein Tratscherl im Schleudergang.
waschsalon - 14. Apr, 12:27
auf die tratscherl freue ich mich!!! und ich muss an der stelle asche über mein haupt schütten: es war meine frau, die es zuerst bemerkte und mich informierte. du hast also noch einen fan... ;->
phantast - 14. Apr, 12:31
Was für eine Frau, diese Frau, deine Frau! Gib' ihr einen Kuss von mir, aber so, dass es ihr Mann nicht bemerkt.
waschsalon - 14. Apr, 17:38
darf ich vorher üben?
phantast - 14. Apr, 18:44
Ich habe befürchtet, dass das notwendig ist. Also übe, bis du Meister bist.
Sinnlich - 13. Mai, 16:34
Guter Blog
Na, was man da alles so liest und sehen kann.....interessant. ABER: Mir fehlen neue Beiträge....
schreibst Du denn nicht mehr ? Hoffe schon, daß hier wieder was nues von Dir kommt.
Gruß Catherine
schreibst Du denn nicht mehr ? Hoffe schon, daß hier wieder was nues von Dir kommt.
Gruß Catherine
eria - 13. Mai, 22:47
oh erst jetzt wieder entdekt... na. pausen von einem monat wäre jetzt wieder rum. ein jahr ist def. zu lang...
katiza - 28. Aug, 18:16
Oh ja, so lernte ich sie kennen,
die Intelektuellen, die mir begegnet sind - allerdings war Sex nur dann überbewertet, wenn sie ihn nicht bekamen...
promisc - 16. Sep, 10:55
Well, Phantast, eine eindrucksvolle Sammlung aufgestauter Klischées, meinen Respekt dafür. Ach ja: Ich selbst bezeichne mich als Intellektuellen und bezeichne meinerseits solch einen Menschen, wie Du ihn beschrieben hast, als eine karrikierte Mischung aus Möchtegern-Intellektuellen, Arschloch und Kaltdampfbläser ;-)
Malte - 29. Dez, 15:11
Klischees?
Na ja, ich finde ein paar Eigenschaften passen ganz gut zu einem wirklichen Intellektuellen (und keinem Möchtegern-Imitator).
promisc - 30. Dez, 14:09
Nur wenn Du nicht vorteilsfrei mit der von mir verlinkten Definition umgehen kannst.
Ein Intellektueller kann sehr wohl seiner Defintion entsprechen und trotzdem keine einzige der aufgezählten negativen Eigenschaften vorweisen.
Du argumentierst wie einer, der einen Proletarier (das dürfte recht gut alle Nicht-Intellektuellen beschreiben) auch sogleich mit einem Proleten gleichsetzt.
Ein Intellektueller kann sehr wohl seiner Defintion entsprechen und trotzdem keine einzige der aufgezählten negativen Eigenschaften vorweisen.
Du argumentierst wie einer, der einen Proletarier (das dürfte recht gut alle Nicht-Intellektuellen beschreiben) auch sogleich mit einem Proleten gleichsetzt.
waschsalon - 28. Apr, 17:59
Off Topic
ach schade, du kommst wohl nicht mehr zurück...
Ynnette - 4. Jun, 18:56
Irgendwie will ich die Hoffnung auch nicht aufgeben *seuftz
momente - 4. Jun, 19:13
Manche Blogger löscht man nicht aus seinen Abonnements....
promisc - 4. Jun, 19:19
stimmt
joy-fleur - 8. Mär, 22:06
Gebe die Hoffnung nicht auf
Vielleicht an anderer Stelle?
Och phantast, magst nicht mal ein Lebenszeichen geben?
Och phantast, magst nicht mal ein Lebenszeichen geben?
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